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Hilfe für traumatisierte Flüchtlinge ist gefährdet

Psychosoziale Anlaufstelle für Geflüchtete in Neumünster leistet psychologische und sozialpädagogische Unterstützung. Die Finanzierung steht nach wenigen Monaten wieder auf der Kippe.

Sie haben einen oft lebensgefährlichen Weg hinter sich, haben ihr bisheriges Leben und häufig ihre Familie zurückgelassen – viele Flüchtlinge in Schleswig-Holstein tragen schwer an den Folgen der Flucht. Die Unsicherheit über ihre Zukunft in Deutschland und die Isolation verstärken die seelische Belastung.

Die Psychosoziale Anlaufstelle für Geflüchtete (PSA) der Diakonie Altholstein leistet doppelte Unterstützung für traumatisierte Flüchtlinge: Der Psychologe Milan Goetze (re) hilft, meist mit Hilfe von Dolmetschern, bei der Bearbeitung der belastenden Erfahrungen. Cornelia Sohlich (li) leistet sozialpädagogische Beratung und vermittelt weitere Unterstützung im Alltag.

Am 1. Juni gestartet, könnte die Psychosoziale Anlaufstelle Ende des Jahres schon wieder Geschichte sein. Nicht aus Mangel an Nachfrage, sondern weil die erforderlichen Mittel bislang nicht in den Bundeshaushalt eingestellt wurden. Fünfzehn Klienten zwischen 14 und 65 Jahren nehmen aktuell die Hilfe der PSA in Anspruch. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan, Serbien, Tschetschenien und anderen Ländern. Meist sind es die Betreuungskräfte in den Unterkünften oder Anlaufstellen für Flüchtlinge, die sie an die spezielle Hilfe unter dem Dach des Beratungszentrum Mittelholstein vermitteln. „Wir sehen, dass die Nachfrage steigt, je bekannter das Angebot wird“, sagt Andrea Dobin, zuständig für die Sozialen Hilfen bei der Diakonie Altholstein. Doch die Finanzierung der Anlaufstelle in Höhe von 85.000 Euro durch das Bundesfamilienministerium wurde nur für das laufende Jahr gewährt. Zwei solcher Hilfeangebote für traumatisierte Flüchtlinge in Schleswig-Holstein fördert der Bund. Ob es 2017 weitergeht, entscheidet sich erst Mitte November. Eine fatale Situation, findet Diakonie-Geschäftsführer Heinrich Deicke: „Traumatisierungen zeigen sich häufig erst, wenn die Menschen zur Ruhe kommen. Die Hilfsangebote müssen Bestand haben, damit die langfristige Integration von Flüchtlingen gelingt.“ Aus Eigenmitteln könne die Psychosoziale Anlaufstelle nicht aufgefangen werden.

Mit welchen Belastungen die Klienten der PSA zu kämpfen haben, berichtet Milan Goetze: „Viele von ihnen wurden Opfer von Folter und Gewalt. Und während sie auf der Flucht ständig kompetent Entscheidungen auf Leben und Tod getroffen haben, sind sie nun zur Untätigkeit verurteilt.“ Hier will Cornelia Sohlich Abhilfe schaffen. Sie sucht mit den Geflüchteten Möglichkeiten zu einer sinnvollen Tagesstrukturierung und Beschäftigung: „Das kann auch eine ehrenamtliche Arbeit sein, zum Beispiel im Tierpark“, sagt die Soziologin.

Sie hoffen, dass es mit der Psychosozialen Anlaufstelle auch über das Jahr hinaus weitergeht. „Der Bedarf wird steigen, vor allem, wenn dauerhaft Flüchtlinge in Neumünster wohnen“, ist sich Andrea Dobin sicher. 

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