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Kaufen, um dazu zu gehören? Schuldnerberatung setzt auf Prävention

Sibylle Schwenk, Leiterin der Schuldnerberatung, und Andrea Dobin, Geschäftsbereichsleitung Soziale Hilfen, wollen schon Schüler für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld sensibilisieren.

Der erste Job, die erste Wohnung – der erste Schufa-Eintrag? Immer wieder rutschen junge Menschen in die Verschuldung, weil sie die Kosten des selbstständigen Lebens nicht richtig einschätzen. Ratenkredite für die neueste Elektronik oder Möbel machen es scheinbar leicht, sich auch mit begrenztem Einkommen alles leisten zu können.

Die Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Altholstein hat es sich zum Ziel gemacht, Jugendliche und junge Erwachsene möglichst früh darüber aufzuklären, was das Leben kostet. Damit will sie langfristig dem besorgniserregenden Trend entgegenwirken, dass sich junge Leute verschulden. 77 Klienten, die jünger als 25 Jahre waren, nahmen 2015 die Hilfe Verbraucherinsolvenzberatung in Anspruch. Das entspricht einem Anteil von gut 14%, doppelt so hoch wie im landesweiten Durchschnitt von 6,2%, den der Erste Schuldenreport der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein erhoben hat.

Im vergangenen Jahr haben die SchuldnerberaterInnen fünfzehn Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler von allgemeinbildenden Schulen durchgeführt. Diese Präventionsarbeit soll Jugendlichen dabei helfen, Schuldenfallen zu vermeiden und das eigene Konsum- und Sparverhalten unter die Lupe zu nehmen, um den Start ins selbstständige Leben gut zu meistern: Wie hoch mag die Miete sein und was gehört noch an monatlichen Zahlungen dazu? Was ist der Unterschied zwischen Brutto- und Nettolohn? Wie viel bleibt vom Lehrlingsgehalt tatsächlich über, wenn alle Verpflichtungen gezahlt sind?

Die Botschaft der BeraterInnen ist klar, wenn sie auch etwas altmodisch scheint: Um sich etwas anzuschaffen, muss man erstmal sparen. Ratenzahlungsverträge für die neueste Elektronik locken mit niedrigen Raten, doch die laufen noch jahrelang weiter, auch wenn das Handy kaputt oder schlicht veraltet ist - oder wenn sich das Leben schlagartig ändert, weil die Freundin schwanger ist.

Die Comicausstellung „Schulden sind doof und machen krank“ zu Konsum und Schulden im Mehrgenerationenhaus (MGH) sahen sich im vergangenen Herbst zehn 9. und 10. Klassen mit ihren Lehrkräften an. Begleitend setzten sie sich in einem Quiz mit den Folgen von Verschuldung auseinander. Dabei ging es auch um die Frage, was man wirklich braucht – für das Leben oder um scheinbar dazu zu gehören im Freundeskreis. Die Ausstellung, die alltagsnah komplexe Themen wie Haushaltsführung, Budgetplanung und Verträge behandelt, wird auch in diesem Jahr vom 10. bis 14. Oktober wieder im MGH gezeigt.

Die Schuldenpräventionsarbeit der Beratungsstellen wird durch das Sozialministerium finanziert. Um dem Bedarf gerecht zu werden, waren bis 2015 alle Schuldnerberatungsstellen verpflichtet, 15 Stunden Präventionsarbeit im Jahr zu leisten. Schon immer liegt die tatsächlich geleistete Arbeit der Diakonie Altholstein weit darüber. Zudem war in Neumünster bis 2012 eines der vier großen Präventionsprojekte des Landes Schleswig-Holstein installiert. Seit vier Jahren liegt die Zuständigkeit für die Aufklärung der Jugendlichen über die finanziellen „Lebensrisiken“ bei den Schulen, doch nur wenige Lehrer sind dafür ausgebildet.

Die pädagogischen Mitarbeiter der Jugendarrestanstalt Moltsfelde wurden 2014 in einer zweiwöchigen Multiplikatorenausbildung von den Schuldnerberaterinnen der Diakonie Altholstein geschult. So können sie das Thema „Umgang mit Geld und Schulden“ bei Bedarf mit den Jugendlichen in der Jugendarrestanstalt aufgreifen.

489 Neumünsteraner zwischen 18 und 80 Jahren nahmen im vergangenen Jahr die allgemeine Schuldnerberatung der Diakonie Altholstein in Anspruch. Dazu zählt die akute Hilfe z.B. bei einer Stromsperre oder Pfändungen, aber auch die Sicherung des Einkommens und Hilfe bei Rechtsstreitigkeiten. Zentral ist dabei die Frage, wie die Schulden entstanden sind, um eine erneute Verschuldung zu vermeiden. Zahlreiche dieser Beratungen münden in der Verbraucherinsolvenzberatung, von der es im vergangenen Jahr 543 laufende Fälle gab. Neumünster ist mit 17,09% die Stadt mit der höchsten Schuldnerquote in Schleswig-Holstein und bundesweit unter den „Top Ten“ der kreisfreien Städte. Gegen den Landestrend stieg die Schuldnerquote in der kreisfreien Stadt und erreichte laut Schuldneratlas der Creditreform nach 2007 den zweithöchsten Stand.

Foto: Sibylle Schwenk (li), Leiterin der Schuldnerberatung, und Andrea Dobin, Geschäftsbereichsleitung Soziale Hilfen, wollen schon Schüler für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld sensibilisieren.

Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Altholstein
Am Alten Kirchhof 2, 24534 Neumünster
Telefon 04321 / 25 27 10 10
E-Mail: schuldnerberatung@diakonie-altholstein.de

Sprechzeiten:
Montag bis Freitag 8.30 - 12 Uhr
Dienstag und Donnerstag 14 - 17 Uhr

Offene Sprechstunde:
Dienstag 10-12 Uhr und 15 -17 Uhr
(Bitte telefonisch anmelden, um Wartezeiten zu verhindern)

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