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Wenn Schulden krank machen

Sybille Schwenk von der Schuldnerberatung und Heinrich Deicke, Geschäftsführer der Diakonie Altholstein

Nach den neuesten Zahlen aus dem Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform liegt Neumünster mit einer Schuldnerquote von 17,54 Prozent bundesweit unter den negativen Top 10 auf Platz 7. Die Ursachen dafür sind vielfältig, jedoch spielen Krankheiten eine immer größere Rolle.

Durch eine erstmalige Erhebung in der Jahresbilanz konnte die Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie Altholstein dies auch bei den eigenen Klienten feststellen: 2/3 von ihnen leiden an einer oder mehreren Krankheiten. Dabei sind diese nicht bloß Folge, sondern in vielen Fällen auch ein Auslöser, der zu einem wachsenden Schuldenberg beiträgt. Erkrankung, Sucht oder Unfall sind als Hauptauslöser in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und haben laut Schuldenreport der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein 2015 mit 13,9% einen neuen Höchststand erreicht.

Mehr als nur Zahlen

Gerade vor diesem Hintergrund geht die Arbeit der Beratungsstelle in Neumünster über die übliche Schuldenregulierung hinaus. „Überschuldung steht nicht nur für ein rein finanzielles Problem, sondern wirkt in den gesamten Lebensraum der Betroffenen hinein. Die Angst vor dem Verlust der Lebensgrundlage hat häufig eine soziale Ausgrenzung zur Folge und belastet die physische und psychische Gesundheit erheblich", so Sibylle Schwenk, Leiterin der Schuldnerberatung. „Hier unterstützen unsere Beraterinnen und Berater ganz individuell, um die Lebenssituation zu stabilisieren."

„SCHULDEN MACHEN KRANKheit macht Schulden“

Denn gerade in diesen Situationen zeigen die Klienten ein schwaches Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Infolgedessen werden Arztbesuche ausgelassen und medizinische Unterstützung nicht wahrgenommen. Der Zusammenhang von Schulden und Gesundheit wird hier also noch einmal verstärkt.

Aber auch umgekehrt sorgen langanhaltende Krankheiten für eine verstärkte psychische Belastung und können somit zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Krankheit ist somit nicht nur als Auslöser, sondern auch als Folge von Überschuldung zu sehen. „Es ist bedrückend zu sehen, dass Schulden krank machen und verdeutlicht noch einmal die Wichtigkeit der sozialen Unterstützung und Hilfe, beispielsweise der Antrieb zur Gesundung durch eine Reha, in unserer Schuldnerberatung", betont Heinrich Deicke, Geschäftsführer der Diakonie Altholstein. Bestätigt wird dies durch den Schuldenreport, der die gesundheitsförderliche Wirkung von sozialer Schuldnerberatung belegt. So fühlen sich 50% der Ratsuchenden im Verlauf der Beratung weniger gesundheitlich belastet als zu Beginn der Beratung. „Entscheidend ist die Stärkung des Selbsthilfepotenzials, um unsere Klienten auf dem Weg zu unterstützen", sieht Sibylle Schwenk den Schwerpunkt einer positiven Entwicklung in Sachen Gesundheit und Schuldenregulierung.

Der Bedarf steigt

519 Neumünsteraner zwischen 18 und 90 Jahren nahmen im vergangenen Jahr die allgemeine Schuldnerberatung der Diakonie Altholstein in Anspruch. Dazu zählt die akute Hilfe z.B. bei einer Stromsperre oder Pfändungen, aber auch die Sicherung des Einkommens und Hilfe bei der Korrespondenz mit Gläubigern sowie das Aufzeigen von Regulierungsmöglichkeiten. Zentral ist dabei die Frage, wie die Schulden entstanden sind, um eine erneute Verschuldung zu vermeiden. Zahlreiche dieser Beratungen münden in der Verbraucherinsolvenzberatung, von der es im vergangenen Jahr 616 laufende Fälle gab. Neumünster ist mit den schon erwähnten 17,54% die Stadt mit der höchsten Schuldnerquote in Schleswig-Holstein, der Durchschnitt liegt bei 10,98%, und erreichte somit laut Schuldneratlas der Creditreform 2016 einen neuen Höchststand.

Foto: Sibylle Schwenk, Fachbereichsleitung Schuldnerberatung und Heinrich Deicke, Geschäftsführung Diakonie Altholstein, zogen Bilanz.

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