„Leben mit Demenz – anders aber glücklich“
(Kiel, 22.06.2021) Auf einer Reise durch Indien ist zwischen Fotograf Sven Zimmermann und Heinrich Deicke, Geschäftsführer der Diakonie Altholstein, die Idee zu einem wunderbaren Buchprojekt vor der Haustür entstanden: Menschen mit Demenz und ihren Alltag in einer Wohngemeinschaft zu dokumentieren – ihnen Raum und Aufmerksamkeit zu geben. Festgehalten in Bildern und Anekdoten unter dem Titel „Leben mit Demenz – anders aber glücklich“.
Die Demenz wird ein wachsendes Merkmal der älter werdenden Gesellschaft bleiben, daher ist es wichtig, sich dieser Herausforderung zu stellen und den Betroffenen ein Umfeld zu schaffen, das ihnen lange ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben mitten in der Gesellschaft ermöglicht. „Damit dieses gelingt, braucht es neben medizinischen und pflegerischen Faktoren insbesondere soziale, räumliche und strukturelle Voraussetzungen“, betont Heinrich Deicke, Geschäftsführer der Diakonie Altholstein.
Diese Unterstützung können spezielle Wohnformen für Menschen mit Demenz bieten, wenn der Verbleib in der eigenen Häuslichkeit nicht mehr möglich ist. Die Diakonie Altholstein bietet ein solches Angebot neben den klassischen Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege in Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz: Hier leben jeweils 12 Personen, die in unterschiedlichen Stadien erkrankt sind, miteinander. Jede(r) hat seine eigene kleine Wohnung aber ein Großteil des Lebens spielt sich im Gemeinschaftsbereich mit der offenen Wohnküche ab. Die Angehörigen und Freunde sind nicht nur jederzeit willkommen, sondern integraler Bestandteil des Konzeptes. Rund um die Uhr gibt es in der WG professionelle Ansprechpersonen, die den Alltag strukturieren und begleiten.
Die Bewohner*innen bringen sich mit ihrer Persönlichkeit, ihrer Biografie, ihren Vorlieben und Fähigkeiten in das Leben der Wohngemeinschaft ein. Nicht die Versorgung, sondern die Aktivierung und das Leben in der Gemeinschaft stehen im Vordergrund.
Die Bilder im Buch „Leben mit Demenz – anders aber glücklich“ machen diese Atmosphäre sichtbar und lassen erahnen, dass Glück trotz der Diagnose Demenz möglich ist. „Mit dem Buch wollen wir Ihnen die Tür öffnen und Ihnen ermöglichen, Gast in der Wohngemeinschaft im Gustav-Schatz-Hof in Kiel-Gaarden zu sein“, lädt Marion Janser, Fachbereichsleitung Quartiers- und Seniorenarbeit der Diakonie Altholstein, ein. „Sie werden fünf beeindruckenden Persönlichkeiten begegnen, Einblicke in ihr Leben erhalten und die Menschen hinter der Erkrankung treffen. Trotz des ähnlichen Krankheitsbildes geht jeder Betroffene anders mit seinen Einschränkungen um. Die Persönlichkeit bleibt hinter den vielfältigen Symptomen existent. Der Schlüssel zur ‚Welt der Demenz‘ verbirgt sich oft in der Biografie der Betroffenen.“
Die Begegnungen mit den fünf Protagonisten dieses Buches machen deutlich, dass ein Leben mit der Diagnose Demenz nicht nur Abschied und Loslassen bedeutet, auch wenn diese Aspekte natürlich ebenfalls dazugehören. Der Fotograf Sven Zimmermann hat liebevoll und zugewandt viele Stunden das Leben in der Wohngemeinschaft beobachtet, hat die Bewohner*innen kennengelernt und sie porträtiert. „ Mich hat das Einfangen der besonderen Momente gereizt, in denen ganz plötzlich eine intensive Verbindung und Wachheit da sind“, erinnert er sich an die Zeiten, die er vor der Corona-Pandemie in der WG verbracht hat. Die Angehörigen wurden mit einbezogen und haben persönliche Bilder und Informationen aus der Biografie zur Verfügung gestellt. „ Ich habe mich über das Interesse am Leben meiner Mutter gefreut und bin mir sicher, dass man sie mit diesem Hintergrundwissen besser versteht und auf sie eingehen kann“, sagt Kerstin Rogowski, Tochter von Bewohnerin Hannelore Siewert.
Dank einer Förderung der Stadt Kiel konnte dieses Projekt umgesetzt und Außenstehenden damit ein Einblick in eine alternative Wohnform mitten in einem urbanen Wohnquartier ermöglicht werden. Gleichzeitig wird mit diesem Buch Menschen mit Demenz eine Sichtbarkeit jenseits von Betroffenheit und Skandalisierung geboten. Hier stehen Persönlichkeiten und nicht die Krankheit im Vordergrund. Sven Zimmermann ist es gelungen, in den WG-Alltag einzutauchen, ohne als Störfaktor wahrgenommen zu werden und mit seiner Kamera intensive Momente einzufangen, die deutlich machen, dass Leben mit Demenz bedeutet; im Augenblick zu leben.
Weitere Information zum Buch gibt es bei:
Marion Janser, Fachbereichsleitung Senioren- und Quartiersarbeit
T 0431 66876614
M marion.janser@diakonie-altholstein.de
BU: Antje Singert mit ihrer Mutter und Bewohnerin der Demenz-WG Hilde Rumohr sowie als weitere Protagonistin im Buch Hannelore Siewert mit ihrer Tochter Kerstin Rogowski und Fotograf Sven Zimmermann (v.li.) | Foto: Diakonie Altholstein/Nagel