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Soziale Ängste, Rückzug, Einsamkeit: Die Folgen der Pandemie prägen die Arbeit im Beratungszentrum Mittelholstein

(Neumünster, 20.06.2022) Seit dem Beginn der Pandemie herrscht eine anhaltende Krisenstimmung, die sich durch Themen wie Krieg, Friedenserhalt und Klimakatastrophen noch verstärkt hat. Die Folgen spüren das Team der Erziehungs-, Familien und Paar-, Lebensberatung des Beratungszentrums Mittelholstein (BZM), das aktuell aus vier Psychologinnen und drei pädagogischen Mitarbeiterinnen besteht, deutlich.

„Pandemiebedingt fehlte es den Menschen an Struktur und sozialen Kontakten, was schnell dazu führen kann, dass sich bestehende Problemlagen verschärfen oder Belastungen nicht mehr länger kompensiert werden können und es zur Krise kommt,“ erklärt Gundula Deicke, Fachbereichsleitung des BZM bei der Diakonie Altholstein. Dort wird Betroffenen unbürokratisch, kostenfrei und vertraulich psychologische Beratung angeboten.

Hoher Beratungsbedarf schon bei den Jüngsten

In allen Altersgruppen nehmen die Therapeuten des BZM eine Art der „Corona-Einsamkeit“ und eine Verunsicherung in den sozialen Kontakten wahr. Auffallend ist besonders, dass der Beratungsbedarf von Eltern mit Klein- und Grundschulkindern deutlich gestiegen ist. Schon bei jüngeren Kindern zeigt sich eine Unsicherheit im Umgang mit anderen Kindern oder Erwachsenen und es fallen Probleme bei der Emotionsregulation auf. In der Folge reagieren die Kinder ihre Wut oder ihren Frust in Aggression gegen andere ab, ziehen sich zurück oder entwickeln Ängste.

Auch bei den Jugendlichen wurden mehr Beratungen nachgefragt. Besonders in der Altersgruppe der über 12-Jährigen waren die Folgen des unkontrollierten Medienkonsums deutlich spürbar. „Kanäle und Plattformen wie YouTube, TicToc und Instagram bieten unkompliziert die Möglichkeit, zumindest virtuellen Kontakt zu haben – gerade in Zeiten der Pandemie ein vermeintlicher Ausgleich. Es steigt für die Jugendlichen jedoch der Druck sich ständig zu präsentieren und gut darzustellen. Und da können nicht alle so mithalten, wie sie gerne würden,“ erläutert Deicke.

Hinzu kommt, dass die Jugendlichen zu früh und ungefiltert mit Inhalten konfrontiert werden, die ein realitätsfernes und gestörtes Bild zum Beispiel von Sexualität und Rollenbildern vermitteln. Dies kann Identitäts- und Beziehungsprobleme auslösen oder verschlimmern. Daneben ging es in der Beratung oft um Rückzug in eigene Welten, Fehlzeiten in der Schule bzw. Ausbildung, Konflikte in Familien, auffälliges Verhalten und emotionale Probleme. Dem zugrunde liegen meist schwerwiegende Erfahrungen und Probleme, die nicht allein bewältigt werden können. Das können etwa ein Trennungs- oder Verlusterlebnis, Erfahrung von Gewalt oder Vernachlässigung sein. „Wir beobachten, dass sich immer mehr Jugendliche selbst um einen Beratungstermin bemühen,“ so Deicke. „In solchen Fällen ist es besonders wichtig, dass die Ratsuchenden verlässlich und schnell psychologische Hilfe erfahren, damit die Jugendlichen gestärkt werden und sich nicht allein gelassen fühlen. Den eigenen Beratungsanspruch von Kindern und Jugendlichen wollen wir zukünftig noch stärker in den Fokus nehmen.“ 

Auslastung und Beratungen 2021

Niedrigschwellig und vor allem schnell Hilfe leisten zu können, ist dem Team des BZM ein großes Anliegen. Vor diesem Hintergrund sollte ein Großteil der Erstberatungen innerhalb von  Tagen stattfinden, spätestens aber innerhalb von vier bis sechs Wochen.. Aufgrund der deutlich gestiegenen Beratungsintensität, war die Kapazitätsgrenze im vergangen Jahr jedoch oft überschritten und es mussten einige Klient/innen länger warten. 

In Bezug auf die Auslastung ist das Limit erreicht. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 858 Fälle bearbeitet, davon 726 im Bereich der Erziehungs- und Familienberatung und 132 in der Paar- und Lebensberatung. Die Beratungsintensität hat sich mit insgesamt 5752 klientenbezogenen Sitzungen erhöht (Vorjahr: 5244). Hinzu kommen noch die 68 Beratungen aus den offenen Sprechstunden, die immer donnerstags stattfinden und 32 Informationsgespräche für Eltern nach Trennung sowie 34 Beratungen ohne Anmeldung Der Beratungsbedarf von Familien mit komplexen Problemlagen ist sehr groß und überstieg phasenweise die Kapazitäten des BZM. 

Ebenso wurde die Paar- und Lebensberatung oft nachgefragt. In diesem Bereich mussten eine größere Anzahl an Ratsuchenden direkt an andere Stellen oder Psychotherapeuten weiter verwiesen werden. 

Kooperationen

Das BZM arbeitet eng mit anderen sozialen Hilfsangeboten innerhalb der Stadt Neumünster zusammen. „In den Beratungen orientieren wir uns an dem, was sich die hilfesuchenden Familien wünschen und brauchen. Wenn es für den Veränderungsprozess zielführend ist, nehmen wir in Absprache mit den Familien zum Beispiel Kontakte zu Kitas, Schulen, Ärzten und Kliniken sowie zu Fachdiensten der Stadt auf,“ erklärt Deicke. Außerdem werden Familien, die sich Hilfe zur Erziehung wünschen, durch das BZM bei der Kontaktaufnahme und in Gesprächen mit dem Fachdienst Familien- und Jugendarbeit der Stadt Neumünster unterstützt. Gerade wenn es um den Kinderschutz geht, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter/innen des Fachdienstes unerlässlich.

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