Stifte, Würfel, Fantasie!
(Neumünster) Es ist laut Aussage vom Hersteller Ulisses Spiele das erfolgreichste deutsche Rollenspiel: „Das schwarze Auge". Noch nie gehört? Wir bislang auch nicht, aber in unserer Schulkindbetreuung in Neumünster-Einfeld ist es wohl sprichwörtlich eingeschlagen. Denn dort bestehen auf einmal tapfere Ritter, elfische Waldläuferinnen oder gelehrte Magier Heldentaten und entdecken mit ihren Gefährten das von vielen Kriegen geschwächte Mittelreich, die exotischen Länder der Tulamiden, die dampfenden Dschungel des Südens oder die finsteren Schattenlande. Zu verdanken ist das zum einen der Spende von Ulisses Spiele und unserer Betreuungskraft in der Schulkindbetreuung für die Grund und Gemeinschaftsschule Einfeld, Drees Mundt. Der Gruppenerzieher beantwortet uns, warum das Fantasy-Rollenspiel dort auf einmal so angesagt ist.
Wie kam es dazu mit Kindern Pen und Paper (Rollenspiele) zu spielen?
In meiner Gruppe fiel mir auf, dass die Kinder sehr in Rollenspiele aller Art vertieft waren. Auf dem Außengelände ist das in der Regel überhaupt kein Problem. Im Gruppenraum ist häufig einfach nicht der Raum dafür vorhanden, da durch das Spielen häufig eine Eigendynamik entsteht. Das geht auch oft mit einem hohen Lärmpegel einher. Also habe ich überlegt wie wir den Kindern eine Alternative anbieten können. Da habe ich mich an Spiele aus meiner eigenen Kindheit erinnert. Zufälligerweise war das auch bereits „Das Schwarze Auge“. Also habe ich angefangen im Internet auf die Suche zu gehen
Was ist denn eigentlich ein sog. Pen & Paper?
Stark vereinfacht kann das Pen-&-Paper-Rollenspiel als Mischung aus herkömmlichem Gesellschaftsspiel, Erzählung und Improvisationstheater beschrieben werden. Häufig moderiert ein Spielleiter das Spiel, setzt den Handlungsrahmen und trifft wesentliche Entscheidungen bezüglich der Schauplätze, der auftretenden Ereignisse und Nebendarsteller (Nicht-Spieler-Charaktere, NSCs). Die anderen Spieler stellen in diesem Rahmen ihre fiktiven Figuren, die Spielercharaktere (SCs), dar und treffen für sie die Entscheidungen im Rahmen vorgegebener Regelsysteme. Letztere sollen dabei helfen zu bestimmen, inwieweit die fiktiven, nur verbalisierten Handlungen der Figuren erfolgreich sind, ob z. B. die Spielfigur beim Sprung von einer hohen Mauer unverletzt bleibt.
Wie hast du das Ganze dann auf den Weg gebracht?
Ich hatte in dieser Zeit einen Berufsschulpraktikanten, Leon, für ein halbes Jahr zur Ausbildung in meiner Gruppe, der das gleiche Hobby hatte. In den Herbstferien haben wir dann schlichtweg unsere Chance gesehen, die Kinder mitzunehmen auf eine fantastische Reise und an das Spiel heranzuführen.
Wie ist euch das gelungen?
Wie gesagt, haben wir in den Ferien eine Woche lang die Zeit am Nachmittag dafür genutzt. Ich bereitete den Kindern einen sogenannten Charakterbogen vor, während Leon die Geschichte für die Kinder erdachte. So leitete Leon als Spielleitung die erste Runde und ich gesellte mich als Spieler zu den Kindern und wir bildeten unsere erste Heldengruppe.
Und wie ist es gelaufen?
Super! Den Kindern ist das Abenteuer noch heute sehr präsent - besonders die Missgeschicke oder die Suche nach dem Einhorn.
Wie beurteilst du den Wert solcher Spiele für deine Arbeit?
Vor allem die Fantasie der Kinder hat mich beeindruckt. Sie tauchen in eine Welt ein, in der sie alles sein können. Sie müssen sich mit ihren Figuren auseinander setzen, Empathie entwickeln und lernen spielerisch den Umgang mit unerwarteten Situationen. So stellte ein Kind fest, dass sein Charakter der einzige war, der die Gruppe in der Wildnis mit Nahrung versorgen konnte. Ein anderes, sehr dominantes Kind, übernahm plötzlich die Rolle des Beschützers und agierte diplomatisch.
Dazu kommen die Kinder mit Büchern in Kontakt. Sie lesen freiwillig Regeln nach, sortieren die Gegenstände ihrer Figuren auf dem Charakterbogen, müssen ihre Würfelergebnisse zusammenrechnen, rechnen die Kosten von Gegenständen zusammen und vieles mehr. Es ist schon beeindruckend wie selbstverständlich die Kinder so mit Bildungsschwerpunkten in Kontakt treten.
Wie geht es nun für dich weiter?
Ich kann die gesamte Box mit etwas Vorbereitung gut einsetzen. Ich bin also für das nächste Abenteuer bestens gerüstet.
Mehr Infos:
https://www.bdsa.de/was-ist-dsa/ bzw. https://ulisses-spiele.de/spielsysteme/dsa5/
Foto: Stephan Just vom Offenen Ganztag und Drees Mundt aus der Schulkindbetreuung (v.li.) ließen die Würfel rollen.