Wohnungslosenhilfe: Übernachtungsstelle der ZBS verzeichnet einen Höchststand an Übernachtungen
(Neumünster, 22. Mai 2023) „Seit 23 Jahren bin ich in der Wohnungslosenhilfe in Neumünster tätig, doch niemals zuvor war die Übernachtungsstelle auf Dauer so hoch belegt wie im vergangenen Jahr,“ informiert Melanie Popp, Fachbereichsleiterin bei der Diakonie Altholstein. Diese Entwicklung geht auf die persönlichen Problemlagen und den zunehmend angespannten Wohnungsmarkt zurück, erklärt Popp und ergänzt: „Menschen mit geringen Einkommen geraten schneller in Mietrückstand, gleichzeitig ist es kaum möglich, günstigeren Wohnraum für unsere Klient*innen zu finden.“
Konkret verzeichnete die Übernachtungsstelle in Neumünster, die von der Zentralen Beratungsstelle für Menschen in Wohnungsnot (ZBS) der Diakonie Altholstein betrieben wird, im vergangenen Jahr 6.026 Übernachtungen. Damit konnte das Team der ZBS 230 Wohnungslosen (2021: 175; + 31 Prozent) vorübergehend Unterkunft geben. Verglichen mit 2020, dem Jahr mit der bisher stärksten Auslastung, entspricht das einem Anstieg um rund 640 Übernachtungen (2020: 5.388).
Aufgrund dieser extrem hohen Auslastung war das Team der ZBS im vergangenen Jahr gezwungen, Notbetten in der Übernachtungsstelle aufzustellen und auf externe Übernachtungsmöglichkeiten etwa in Hotels zurück zu greifen. „Sowohl für unsere Klient*innen als auch für unsere Mitarbeiter*innen war dies keine einfache Situation“, erklärt Heinrich Deicke, Geschäftsführer der Diakonie Altholstein und ergänzt: „Glücklicherweise haben wir mit der Stadt Neumünster eine zuverlässige Partnerin an unserer Seite. Alle Akteure im sozialen Hilfesystem sind sich der Brisanz der Lage bewusst und versuchen für Neumünster gemeinsam an einer umsetzbaren Lösung zu arbeiten.“
Zusatzinfo: Der von der Bundesregierung angekündigte Nationale Aktionsplan zur Überwindung von Obdach- und Wohnungslosigkeit bis 2030 wurde bereits 2021 vom Europäischen Parlament für die Mitgliedstaaten der EU ausgerufen
In der Beratungsstelle der ZBS werden nicht nur Personen betreut, die die Übernachtungsstelle aufsuchen, sondern auch weitere, die präventiv beraten werden – etwa bei Mietschulden, fristlosen Kündigungen oder Räumungsklagen. Im Rahmen dieser Arbeit fällt auf: die Bearbeitungsdauer eines Falles steigt deutlich an (2022: von 4 auf 6 Monate) und die Komplexität der Fallstrukturen nimmt zu. „Neben einer Verkettung von Problemlagen, derer sich die Berater*innen annehmen müssen, sehen wir immer mehr Klient*innen mit psychischen Auffälligkeiten und Erkrankungen,“ erklärt Popp. „In der praktischen Arbeit merken wir, dass unsere Hilfen für diese Personengruppen nicht mehr greifen und es notwendig ist, neue Lösungswege zu erarbeiten.“ Auch dies wird in Zusammenarbeit mit der Stadt Neumünster erfolgen.
Ambulante Wohnbetreuung
Die ZBS betreibt verschiedene Projekte, um Klient*innen dabei zu unterstützen, Wohnraum zu finden und diesen langfristig zu halten. 2019 startete das Projekt der ambulanten Wohnbetreuung, das Menschen die Möglichkeit gibt, auf dem normalen Wohnungsmarkt Fuß zu fassen. Hierbei mietet die Diakonie Altholstein Wohnraum an und vermietet diesen an Teilnehmende weiter. Grundlegend ist eine enge Betreuung der Menschen, die an diesem Projekt teilnehmen, erforderlich. Immer mit dem Ziel, dass der bezogene Wohnung von den Betroffen am Ende der Betreuungszeit übernommen werden kann. „Dieses Projekt verläuft außerordentlich positiv“, weiß Popp zu berichten, denn seit Beginn der Maßnahme gibt es kaum Teilnehmende, die Ihre Wohnung wieder verlieren. Ein weiterer Effekt des Projekts ist, dass der größte Teil der Menschen, die betreut werden, am Ende nicht nur ihre eigene Wohnung, sondern ebenfalls häufig eine berufliche Perspektive erarbeitet haben. Der sich daraus ergebene stabilisierende Faktor ist grundlegend für eine erfolgreiche Sozialarbeit.
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Foto: Melanie Popp, Fachbereichsleiterin Wohnungslosenhilfe der Diakonie Altholstein, Heinrich Deicke, Geschäftsführer Diakonie Altholstein, Carsten Hillgruber, Stadtrat der Stadt Neumünster (v.li.).